Als Skandi-Fan habe ich mir vor einigen Jahren das Buch über Farmhouse Ales von Lars Marius Garshol gekauft. Dort bin ich auf das Keptinis gestoßen – ein Bier aus Litauen, bei dem die Maische im Holzbackofen gebacken wird.
Jetzt habe ich es auch selbst mal gebraut und berichte hier über meine Erfahrung (um euch einige Fehler zu ersparen )
- Traditionelle litauische Braumethode mit gebackener Maische
- Komplexe Karamell- und Röstaromen durch Backen im Holzofen
- Herausforderungen bei der Temperaturführung und Ausbeute
- Raw Ale ohne Kochen der Würze, stattdessen Hopfentee
- Potenzial als aromatische Komponente auch für andere Bierstile
Inhaltsverzeichnis
Geschichte und Tradition des Keptinis
Das Keptinis ist eigentlich gar kein richtiger Bierstil, sondern eher eine Art des Brauens. Keptinis hat seine Wurzeln tief in der litauischen Brautradition. Seine Geschichte reicht weit zurück, vermutlich bis in vorchristliche Zeiten, als das Bierbrauen noch eng mit religiösen Ritualen verbunden war.
In den ländlichen Gebieten Nordost-Litauens hat sich diese uralte Braukunst bis heute erhalten und wird von Generation zu Generation weitergegeben.
- Lustige Geschichten eines Hobbybrauers, der die Vielfalt der skandinavischen Bierbrau-Prozesse entdeckt
- Viele Rezepte zum Selberbrauen
- Alles über Kveik und Farmhouse Ales
- Sprache: Englisch
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Die traditionelle Methode, Keptinis zu brauen, ist einzigartig und unterscheidet sich deutlich von modernen Brauverfahren. Nach dem Maischen wird die Maische nicht wie üblich abgeläutert, sondern in Formen gefüllt und im Ofen gebacken.
Dieser Backprozess, der dem Bier seinen Namen gibt (keptinis bedeutet „gebacken“ auf Litauisch), kann mehrere Stunden dauern und erfordert viel Erfahrung. Die hohen Temperaturen im Ofen führen zu intensiven Maillard-Reaktionen und Karamellisierung, die dem Bier seine charakteristischen Aromen verleihen.
Anders als bei anderen dunklen Bieren, bei denen die Röstaromen allein vom Malz kommen.
Das resultiert in einem Bier mit einer einzigartigen Kombination aus süßlichen Karamellaromen, leicht rauchigen Nuancen und einer angenehmen Würze. Zudem wird Keptinis traditionell nicht gekocht, sondern gehört zur Familie der „Raw Ales“.
Zutaten und Ausrüstung für das Keptinis
Als ich mich entschied, ein Keptinis zu brauen, war ich von den Berichten von Lars Marius Garshol inspiriert. Er hat litauische Keptinis-Brauer besucht und ihre traditionellen Methoden dokumentiert, was mich richtig neugierig machte.
Ich hatte das Glück, einen Holzbackofen im Garten zu haben, was mir ermöglichte, dem ursprünglichen Verfahren recht nahe zu kommen.
Die Zutaten für ein Keptinis unterscheiden sich nicht von unseren anderen Bieren. Helles Malz, irgendein Bitterhopfen und dann entweder ne Kveik (hier #16) oder eben auch eine Reinzuchthefe. Letzteres spielt bei diesem Bier keine große Rolle.
Was die Ausrüstung angeht, konnte ich größtenteils vorhandene Dinge nutzen. Eine Neuanschaffung war eine Edelstahl-Grillwanne, für das Backen der Maische im Holzofen. Zusätzlich kamen ein Thermoport und ein Einkocher für das Maischen zum Einsatz, sowie ein großer Topf aus der Küche für das Läutern und die Hopfenteezubereitung.
- Holzbackofen oder Elektrobackofen im Haus
- Edelstahl-Wanne oder alte Backofen-Bleche
- Einkocher (Zum Aufheizen des HG und Nachguss)
- Thermoport (Für die Kombirast und zum Läutern)
- Thermometer
- Topf und Herdplatte aus der Küche für den Hopfentee
- Großer Löffel oder Kelle zum Umschöpfen der Maische
- Optional: Roggenstroh / oder Alternative
Holzbackofen vs. Elektrobackofen
Dass ein Holzbackofen die beste Wahl ist, darüber brauchen wir nicht reden. Immerhin machen es die Bauern genau so seit vielen Jahrhunderten.
Weil viele aber keinen Holzbackofen oder Garten besitzen, gibt es noch die Alternative, das Keptinis im Elektrobackofen zu backen. Da gibt es einiges zu beachten und gewisse Vor- und Nachteile die ihr wissen müsst.
- Hat jeder daheim
- Präzise Temperaturführung
- Kann die Maische karamellisieren
- Sauerei und Gerüche
- Kein Rauch und geringere Temperatur
- Wasser kann kaum entweichen
- Weniger authentisch
Der wesentliche Vorteil eines Elektrobackofens ist, dass du die Temperatur sehr präzise steuern und somit ein massives Anbrennen verhindern kannst.
Da die Maische wirklich kocht, überkocht es auch ganz schnell. Ihr könnt euch vorstellen, was für eine Sauerei entsteht, wenn heißer Zucker in den Backofen läuft. Außerdem entstehen während der 3-stündigen Kochzeit viele Gerüche (ich empfand sie als eher positiv), die nicht jeder mag.
Der Rauch eines echten Feuers kann in einem Keptinis auch wahrgenommen werden, was im Elektrobackofen natürlich fehlt.
Viel problematischer ist aber, dass du die 0,8 Liter * kg Schüttung Wasser verkochen musst, bevor der Zucker überhaupt karamellisiert. Jeder, der schon mal gebrannte Mandeln selber gemacht hat, weiß was ich meine. In einem Holzbackofen kann das Wasser einfach über den Schornstein entweichen (was ich gut beobachten konnte).
Außerdem führt ein Stein (z.B. Pizzastein oder gar ein Pizzaofen) laut Lars zur besseren Karamellisierung, da hier die direkte Hitze auf die Maische wirken kann.
Erfahrungen und Experimente von Lars im Elektrobackofen
Keptinis auf dem Grill?
Was ich bei Hobbybrauern noch gar nicht gesehen habe, mir aber direkt die Idee kam ist die Verwendung eines Grills. Zumindest bei einem Gasgrill kann ich die Temperatur konstant 2-3 Stunden halten und hätte alle Vorteile des Holzbackofens (auch Rauch könnte man über Räucherchips simulieren) und keine Nachteile eines Elektrobackofens.
Wenn jemand das mal ausprobieren will, gerne melden. Ich unterstütze bei der Planung und würde auch sehr gerne dann hier Bilder davon einbauen.
Keptinis – Der Brauprozess
Der Brauprozess eines Keptinis ist zwar anders als sonst, an sich aber relativ einfach und auch gar nicht so langwierig.
Für meine Patrons habe ich den Brautag per Video aufgezeichnet. Dort seht ihr dann meine Reaktionen und Erfahrungen ungefiltert, habt aber auch noch viele weitere tolle Vorteile. Schaut einfach mal rein.
Maischen
Zunächst folgt eine Kombirast um die Maische zu verzuckern. Traditionell eher tiefer bei 65°C und dann über eine Stunde absacken lassen (am besten im isolierten Behälter).
Ich war der Meinung, dass die Maische auf jeden Fall voll verzuckert sein muss. Beim Kochen deaktivieren wir ja alle Enzyme und könnten restliche Stärke später nicht mehr umwandeln, was zu einem Blausud führen kann.
Beim Maischen habe ich die Stärke aber nicht vollständig verzuckern können. Auch nach längerem Warten wurde es nicht Jodnormal. Ich vermute einfach, dass bei den tiefen Temperaturen (sackt ja während der Wartezeit auf 60-62°C ab) die Betaamylase einfach irgendwann nicht mehr weiterkommt und man in die Verzuckerungsrast fahren sollte.
Da die Bauern aber auch nur stumpf 1 Stunde maischen (65°C Einmaischen und auf <6o°C absacken lassen), habe ich das auch einfach so gemacht. Heute ist eh alles anders 🙂
Backen
Vor dem Backen habe ich die Maische in die Form gefüllt und natürlich 1 Stunde vorher bereits den Ofen vorgeheizt.
Der Ofen ist ein Ramster Holzbackofen, den man kaufen kann. Wir hatten uns dazu entschlossen diesen einzumauern, daher war das Projekt am Ende ganz schön aufwendig. Hat aber Spaß gemacht und jetzt können wir hier Pizza, Flammkuchen, Brote und Maische backen 🙂
Der Ofen besitzt 2 Kammern – eine unten für das Feuer inkl. Gewölbe und dann einen zusätzlichen Raum oben auch inkl. Gewölbe. Die Schamottesteine erhitzen sich über die Zeit, speichern die Wärme und geben diese nach und nach ab. So kann man einmal kräftig vorheizen und dann viele verschiedene Sachen backen.
Durch die Ummauerung konnten wir den Ofen zusätzlich isolieren.
Bei konstant 350 Grad habe ich den Ofen geräumt (Feuer aus und Kohle heraus) und dann kam die Schale mit der Maische in den Ofen. Bereits nach 10 Minuten hat man eine optische Veränderung gesehen + es hat schon nach leckerer Maische gerochen.
Während der Wartezeit wurde der Läutereimer vorbereitet. Läuterspirale rein und etwas Heu-Stroh-Gemisch drauf. Letzteres nur, weil es die Bauern auch so gemacht haben.
Zwischendurch habe ich immer mal wieder kontrolliert, wie weit die Maische schon angeröstet ist. Wenn man es nicht so schwarz haben möchte, dann sollte die Temperatur nicht zu hoch sein.
Durch den Kochprozess im Inneren der Schale kommt es zwangsläufig dazu, dass euch der schöne Zucker überkocht und an der Schale hinunterläuft. Zurück bleibt ein großer Klecks karamellisierter Zucker.
Da die Hitze im oberen Teil des Ofens nach 1,5 Stunden abgefallen war, entschloss ich mich die Schale in den unteren und heißeren Bereich zu stellen. Das war ein Fehler wie ihr sehen könnt.
Ziemlich schnell ist die Maische oben stark angebrannt und es hat noch einmal extrem gekocht, wodurch einiges an Zucker verloren ging.
Nach 2:40 war die Kruste sehr schwarz und ich habe das Backen beendet.
Lars meinte, dass eine schwarze Kruste nichts Schlimmes ist, daher war ich auch erst einmal entspannt.
Hopfentee kochen
Da ja nicht gekocht wird, das Bier aber trotzdem stabilisiert werden muss und eine Bittere wichtig ist, kochen die Bauern parallel zur Backzeit einen Hopfentee.
Hierfür nimmt man einfach einen großen Topf aus der Küche, kocht darin Wasser und gibt seinen ausgewählten Hopfen hinein.
Tipp: Ihr habt hier eine Nachisomerisierung, da ihr den Hopfentee in der Regel nicht herunterkühlt. Rechnet den Hopfen am besten für 90 Minuten Kochzeit aus, dann sind fast alle Bitterstoffe in den Tee übergegangen und die Nachisomerisierung spielt eine geringere Rolle. Alternativ den Topf zügig kühlen.
Läutern
Es handelt sich beim Keptinis um ein Raw Ale, was bedeutet, dass ihr die Würze nicht kocht, sondern direkt anstellt. Das ist cool, weil wir uns jetzt das Aufheizen, Kochen und Abseihen sparen.
Daher wird jetzt direkt aus dem Läuterbottich in das Gärfass geläutert. Zunächst einmal die Maische zurückgeben.
Dabei kein Karamell vergessen 🙂 Es ist erstaunlich, wie rot und mit Karamell durchzogen das Ganze ist. Schaut euch den Löffel an.
Auf die Maische kommt jetzt noch die restliche geplante und auf 80-90°C erhitzte Flüssigkeit und der Hopfentee.
Nach einer kurzen Läuterruhe geht es dann weiter. Schön bei uns am Holzlager, zwischen Insekten, Tomaten und sonstigen Dingen die wir hier lagern. Quasi authentisch zu einem Brautag in Litauen 😉
Anschließend wurde im Wasserbad heruntergekühlt und alles sauber gemacht.
Das Reinigen der Schale ging übrigens wunderbar mit heißem Wasser. Ist fast alles von selbst abgefallen und ich musste kaum schrubben.
Gärung
Der Plan war es die Kveik #16 einzusetzen, die ich mir im Vorfeld von einem Hobbybrauer zuschicken lassen habe. Leider ist diese nicht angesprungen, weshalb ich notgedrungen auf die Lutra zurückgreifen musste.
Keptinis Rezept
Wenn du auch einmal ein Keptinis brauen willst, kannst du einfach das Rezept von Lars nehmen und anpassen.
Als Unterstützer auf Patreon bekommst du meine eigene Variante als Import für den Brewfather oder als Beerxml Export für den Kleinenbrauhelfer etc. Aber im Prinzip kannst du dir auch einfach ein eigenes Rezept zusammenbauen.
Das fertige Bier
Nach 5 Tagen dann der erste Schluck. Ein Raw Ale kann auch relativ schnell getrunken werden, aber natürlich wird auch dieses Bier mit der Zeit besser.
Leider hat sich mein Verdacht bestätigt. Mein Keptinis ist zu herb geworden. Man kann es zwar noch trinken, aber es macht leider zu viel kaputt. Umgerechnet habe ich am Ende nämlich ca. 65-70 IBU im Bier, was deutlich zu viel ist.
Blendet man diesen Braufehler aber aus, ist das Bier genial. Ich habe nicht mit einer solchen Aromatik gerechnet. Extrem Karamellig süß – sowohl in der Nase, als auch im Mund. Komplexe Malzaromen und relativ voll, dafür, dass es quasi nur eine Maltoserast gab.
Eine Woche später dann ein ganz anderes Bier. Die extreme Bittere ist in den Hintergrund gerückt und die Malzaromen kommen noch einmal viel stärker durch. Wow!
Herausforderungen und Lösungen
Wenn du auch mal ein Keptinis brauen willst, dann solltest du folgende Tipps beherzigen.
Gussführung und Ausbeute
Meine Ausbeute war sehr schlecht. Am Ende hatte ich 12,8°P bei geplanten 16°P. Ich vermute, dass es hauptsächlich am verlorenen Zucker liegt. Durch das Überkochen und dem Anbrennen oben auf der Maische. Vielleicht auch durch nicht verzuckerte Stärke – ich weiß es nicht.
Die 1:1 Gussführung könnt ihr aber knicken. Ich habe locker noch einmal 3 Liter nachgeschüttet, damit sich das Malz einigermaßen bewegen ließ. Plant mal eher 1.4:1 oder so.
Kochzeit im Brewfather
Ich war unaufmerksam und habe bei der Rezepterstellung die Anlagenberechnung für 60 Minuten Kochen stehen lassen. Dann den Hopfentee in der Küche gekocht in einem normalen Topf und dann leider nicht gekühlt.
Plant die IBUs am besten mit einer 90 Minuten Kochzeit oder kühlt den Topf irgendwie herunter.
Meine Patrons können ja auf das Rezept zugreifen. Falls du kein Patron bist, achte bei der Rezepterstellung darauf, dass du im Brewfather im Anlagenprofil außerdem die Kochzeit und Verkochrate auf 0 stellst. Andernfalls errechnet Brewfather eine größere Menge Wasser, die du ja üblicherweise verkochst.
Fazit – Keptinis als Stellschraube
Keptinis ist geil! Der Brautag macht Spaß, man kann ihn gut in Gesellschaft verbringen und die Aromatik von der karamellisierten Maische ist unbeschreiblich und passt zu vielen Bieren. Ich werde das Bier auf jeden Fall noch mal brauen und dann von den Fehlern lernen.
Allgemein glaube ich, dass man das Maischebacken gar nicht unbedingt auf dieses Bier reduzieren sollte. Diese Aromatik passt ganz gut auch zu anderen Bierstilen – besonders bei manchen Böcken kann ich mir das extrem gut vorstellen.
Also einfach mal ausprobieren, auch wenn es nicht unbedingt ein Raw Ale werden soll.
LG Tobi
Weiterführende Ressourcen
Inspiriert wurde ich wie gesagt vom extrem interessanten Buch Historical Brewing Techniques: The Lost Art of Farmhouse Bre... (*). Außerdem gibt es ein paar interessante Videos online. Einmal original mit engagierten Bäuerinnen und einmal mit dem engagierten Sebastian 😀