Neulich habe ich wieder gelesen, dass ein Hobbybrauer von Beginn an noch nie etwas gemessen hat. Dabei ist das Stammwürze messen so einfach und mit nur wenig Materialeinsatz möglich.
Okay, das ist wahrscheinlich die Ausnahme.
Dennoch, zum Messen der Stammwürze gibt’s immer mal wieder Fragen im Forum. Diese versuche ich hier aufzuklären, außerdem zeige ich dir, wie du Messfehler vermeiden kannst.
Der Beitrag richtet sich an Hobbybrauer, die mit analogem Refraktometer und/oder Spindel die Stammwürze messen. Automaten werden hier nicht berücksichtigt.
Streng genommen geht’s in diesem Beitrag auch nicht nur um die Messung der Stammwürze, sondern ums Messen im Allgemeinen, also z.B. auch das Jungbier.
Inhaltsverzeichnis
- Nicht- oder falsches Messen der Stammwürze
- Alkohol ist nicht immer gut 😉
- Richtig messen mit Refraktometer
- Refraktometer und Spindel für Stammwürze kaufen
- Probe richtig entnehmen!
- Refraktometer richtig kalibrieren und nutzen
- Refraktometer für Stammwürze unscharf und verschwommen
- Spindel richtig verwenden
- Stammwürze richtig messen mit der Spindel
- Achtung nach Verdünnung
Nicht- oder falsches Messen der Stammwürze
Hast du bisher schon mal deine Würze gemessen? Falls ja, dann bist du einigen Einsteigern schon etwas voraus. Man liest immer mal wieder das sehr viele zu Beginn ihre Stammwürze nicht messen.
Natürlich kann es vorkommen, dass ein Profi irgendwann aufhört zu messen, wenn er einfach eine gewisse Routine hat und seine Brauanlage kennt. Aber selbst da kann ich mir das nicht wirklich vorstellen.
Darum solltest du messen:
- Nur so lernst du dazu, da du die Auswirkung deines Handelns messbar machst
- Du kannst annähernd gleiche Ergebnisse erzielen
- Möglichkeit schlechte Ergebnisse zu vermeiden
- Du kannst Flaschenbomben verhindern
Wenn du misst, dann merkst du z.B., wenn deine Sudhausausbeute mal deutlich niedriger ist als üblich. So erhältst du Anhaltspunkte für mögliche Ursachen und kannst beim nächsten Mal darauf reagieren.
Selbstverständlich macht das Ermitteln der Stammwürze auch möglich, dass du beim nächsten Brautag das gleiche Rezept annähernd gleich brauen kannst.
Ein Bier exakt gleich zu brauen, wird wahrscheinlich nicht möglich sein, aber du kannst zumindest hinsichtlich der Stammwürze dein Bier in die richtige Richtung bringen.
So wirst du durchs Messen in der Lage sein, eine zu hohe Stammwürze, durch Verdünnen auf die Zielstammwürze zu reduzieren. Oder aber durch längeres Kochen die Stammwürze zu erhöhen.
Ohne Messen, wirst du als Einsteiger immer andere Werte bekommen, da bin ich mir ziemlich sicher.
Was auch viele unterschätzen ist die persönliche Sicherheit beim Brauen. Durchs Messen am Ende der Gärung stellst du fest, dass dein Bier zu Ende vergoren ist. So kannst du mit ruhigem Gewissen abfüllen, ohne Flaschenbomben befürchten zu müssen.
Alkohol ist nicht immer gut 😉
Sobald sich Alkohol in deiner Probe befindet, wird die Messung verfälscht. Viele glauben, das sei nur ein Problem bei einem Refraktometer, aber auch die Spindel misst falsche Werte.
Alkohol wirkt sich auf den Brechungsindex und auf die Dichte aus. Somit messen beide Instrumente falsche Werte, wenn Alkohol vorhanden ist.
Der Alkoholfehler sorgt bei einem Refraktometer für falsche Werte und muss umgerechnet werden. Das macht ihr am besten mit einer der online Tools, z.B. das von fabier. Korrekte Ergebnisse erhält man nur, wenn man auch weiß, welche Stammwürze das Bier vor der Hefegabe hatte.
Nutzt man eine Spindel, kann man den Alkoholfehler auch rausrechnen, muss man aber nicht. Denn die Spindel misst unter Alkoholeinfluss den sog. scheinbaren Wert. Ihr seid bestimmt schon mal über diesen Begriff gestolpert.
Es hat sich in einer gewissen Art und Weise eingebürgert, dass wir in Rezepten oder in Diskussionen nur den scheinbaren Restextrakt, oder den scheinbaren Endvergärungsgrad angeben. Das ist so weit verbreitet, dass sich die wenigsten die Mühe machen den tatsächlichen Wert auszurechnen.
Tools, wie der kleine Brauhelfer ermitteln den Wert automatisch, aber richtig brauchen tut man ihn nicht, finde ich.
Richtig messen mit Refraktometer
Ich möchte an dieser Stelle nicht diskutieren, ob man besser mit einem Refraktometer oder mit einer Spindel messen kann. Beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile.
Persönlich würde ich jedem Hobbybrauer mit kleiner Ausschlagmenge zu beiden Geräten raten, aber das ist jetzt nicht Bestandteil dieses Abschnitts. Dazu mache ich wahrscheinlich mal einen gesonderten Beitrag.
Ob du ein richtiges Ergebnis misst, kommt am Ende auf deine Messmethode an und wie du die Geräte bedienst.
Refraktometer müssen immer vor jeder Nutzung kalibriert werden!
Wenn du das nicht machst, kannst du selbst an 2 aufeinander folgenden Tagen große Schwankungen in der Messung feststellen. Das gilt auch für die Geräte, die angeblich Temperaturunabhängig funktionieren (ATC).
Die ATC Funktion hat nichts mit dem Kalibrieren zu tun und sorgt nur dafür, dass die Probe einen gewissen Temperaturunterschied haben darf.
Die meisten Refraktometer werden auf 20°C kalibriert, aber durch die ATC Funktion, darfst du auch Proben verwenden, die +-10°C haben.
Ich selbst habe es am Anfang immer falsch gemacht und mich teilweise gewundert, warum der Restextrakt am Ende der Gärung manchmal wieder gestiegen ist.
Außerdem misst du mit dem Refraktometer nicht in °P sondern in Brechungsindex „Brix“. Das musst du noch zu °P umrechnen, indem du Brix / 1,04 rechnest.
Beispiel: Du liest 13 Brix ab, dann sind das 12,5°P.
Refraktometer und Spindel für Stammwürze kaufen
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Gebraucht:
Es gibt verschiedene Refraktometer auf dem Markt. Die Tabelle oben zeigt dir 3 in verschiedener Preisklassen. Das Preiswerteste ist das erste in der Tabelle und hat eine breite Skala. Hiermit kannst du auf jeden Fall gut arbeiten, das Ablesen könnte unter Umständen aber etwas ungenau sein.
Wer etwas mehr ausgeben möchte, der kann dieses Refraktometer (*) kaufen, also das zweite in der Tabelle. Es hat eine kleinere Skala und lässt sich besser ablesen.
Diese Spindeln sind größer als die üblichen, aber dafür brauchst du auch nur 2 anstatt 3 um 0-20°P messen zu können. Für eine ordnungsgemäße Ablesung benötigt man noch ein 500ml Messglas.
Durch eine Kooperation mit Anton Paar bin ich auch inzwischen Besitzer vom EasyDens & vom SmartRef. Beide Geräte sind hochpräzise Messinstrumente zur Berechnung der Stammwürze und Alkoholgehalt.
Lesetipp
Test & Vergleich: Im Beitrag zum EasyDens & SmartRef zeige ich euch die Unterschiede beider Geräte und wie man mit ihnen in Kombination den Alkoholgehalt und weitere Werte messen kann.
Probe richtig entnehmen!
Entnehmt die Probe für das Refraktometer niemals aus dem Hahn eures Gäreimers. Egal wie gut ihr den verschließt oder sauber macht, es bleibt im Zwischenraum immer etwas Würze hängen, die anfängt zu gammeln. Das kann zu einer Infektion und dem Aus deines Bieres führen.
Für die Probe (und zum Hopfen Stopfen) dürft ihr den Gäreimer oben vorsichtig öffnen. Vorsichtig, weil ihr die unsichtbare CO2 Schicht über der Würze nicht aufwirbeln solltet. Mit einer Pipette oder Spritze ein wenig Würze entnehmen und in das Refraktometer ziehen lassen. Mehr dazu im nächsten Abschnitt.
Für das Feedback aus Sicht eines Einsteigers bedanke ich mich an dieser Stelle bei Marco!
Refraktometer richtig kalibrieren und nutzen
- Kalibriere das Refraktometer vor jeder Messung
- Kalibriere bei der Umgebungstemperatur, wo auch die Messung stattfindet
- Verwende normales Leitungswasser. Es ist nicht notwendig destilliertes Wasser zu nutzen
- Bringe das Wasser auf das Refrakto auf und schaue damit ins Licht. Die blaue Linie muss auf der 0 stehen.
- Erfahrungsgemäß wird das nicht der Fall sein. Daher schnapp dir den oft beiliegenden kleinen Schraubendreher und drehe an der Kalibrierschraube, bis es wieder passt
- Führe erst dann die Messung durch
- Teile Brix durch 1,04 um auf °P zu kommen
- Sobald Alkohol in der Probe ist, verwende ein online Tool zum Umrechnen
Tipp: Lass deine Probe oder das Wasser sich von selbst zwischen Glas und Abdeckung ziehen. Einfach ein paar Tropfen unten vor die Abdeckung des geschlossenen Refraktometers geben. Die Flüssigkeit zieht sich dabei von allein zwischen Abdeckung und Glas, bis die Fläche bedeckt ist.
Übrigens: Die Glasfläche über dem Prisma muss nicht unbedingt vollständig benetzt sein. Es funktioniert auch, wenn noch ein paar Lücken sichtbar sind. Ich persönlich messe aber erst, wenn die Fläche komplett benetzt ist.
Refraktometer für Stammwürze unscharf und verschwommen
Es kann vorkommen, dass du beim Durchschauen keine klare Linie erkennst. Dann ist es schwer etwas abzulesen, da der Strich +- 0,3 Brix ungenau ist.
Falls das passiert, gibt’s einen Trick, mit dem du das Problem in den meisten Fällen lösen kannst:
Drehe das Refraktometer auf den Kopf, sodass die Glasscheibe in Richtung Tisch zeigt. Lass es in dieser Position ca. 2 Minuten liegen. Die Kunststoff Abdeckung sollte übrigens von alleine an der Glasscheibe haften bleiben und nicht aufgehen.
Danach sollte der Strich wieder super scharf sein.
Falls nicht, liegt die Abdeckung wahrscheinlich nicht richtig auf dem Glas. In diesem Fall leg das Refraktometer mal verkehrt herum und mit der Abdeckung plan auf den Tisch. Drücke das Refraktometer auf den Tisch.
Wenn du jetzt von vorne mit einer Taschenlampe hineinleuchtest, sollte es scharf sein.
Übrigens: Natürliches Licht funktioniert angeblich besser. Trotzdem gibt’s Produkte, die das Ablesen erleichtern sollen. Z.B. diese Abdeckung mit LED für Refraktometer (*). Ich habe sie aber noch nicht selber verwendet.
Spindel richtig verwenden
Auch bei der Spindel gibt es etwas zu beachten. Denn auch diese sind nur für eine bestimmte Temperatur geeicht. Misst man bei höherer oder bei zu niedriger Temperatur, dann ist das Ergebnis falsch.
Im Internet gibt es Rechner, die dir beim Umrechnen der Stammwürze bei Abweichungen zur Eich-Temperatur helfen. Ich nutze immer die Rechner von fabier.de
Aber Achtung: Ist die Abweichung zwischen Eichtemperatur und Messtemperatur zu hoch, dann sind die Ergebnisse extrem verfälscht. Ich habe bereits bei 10°C Unterschied den Eindruck, dass die Ergebnisse nicht mehr so genau sind.
Kühle daher die Würze immer bis annähernd auf Eich-Temperatur herunter, bevor du misst.
Tipp: Die normalen Spindeln sind in der Regel für 20°C geeicht. Es gibt aber extra eine sog. Läuterspindel, die bei 70°C geeicht wurde. Sie lässt sich sehr gut zur Bestimmung der Würze nach dem Läutern einsetzen, ist aber in der Regel nicht so genau wie die 20°C Varianten.
Aus eigener und schmerzhafter Erfahrung muss ich sagen: Versuche nicht mit einer 20°C Spindel bei Läutertemperatur zu messen. Es macht einmal „klirr“ und die Spindel ist hinüber 😉
Außerdem ist es wichtig, dass du die Spindel richtig abließt. Eine Spindel bildet in einer Flüssigkeit oben einen Meniskus. Schau mal was auf der Spindel steht. Entweder steht dort, dass du oben ablesen musst, oder eben unten.
Es gibt noch einen weiteren Faktor, der ein Spindelergebnis verfälscht: Luftbläschen! Daher dreht man eine Spindel immer an und lässt sie auslaufen. Das verhindert, dass sich Luftblasen an der Spindel befinden und diese künstlich hochdrücken.
Stammwürze richtig messen mit der Spindel
- Miss immer im Bereich der Eichtemperatur
- Wenn du umrechnen musst, bleibe unter +- 10°C Abweichung
- Nutze eine Läuterspindel für Messungen beim Läutern
- Prüfe, ob du deine Spindel oben oder unten ablesen musst
- Sobald Alkohol in der Probe ist, erhältst du nur einen scheinbaren Wert. Den Tatsächlichen kannst du durch Tools errechnen lassen
- Drehe die Spindel vor der Messung immer an und lasse sie auslaufen
Tipp einer Leserin: Du kannst dir auch eigene Tabellen erstellen und ausdrucken, sodass du beim Brauen nur kurz den Wert ablesen musst, ohne vorher dein Handy rauskramen zu müssen.
Achtung nach Verdünnung
Es kann passieren, dass du die Stammwürze des Suds verdünnst. Sei es gewollt durch High Gravity, oder du hast deine Stammwürze grob verfehlt.
Verdünnen mit Wasser ist möglich und weit verbreitet – alles kein Problem. Aber pass auf beim Messen.
Selbst wenn du mit viel Schwung und Gewalt das Wasser in die Würze kippst, ist die Durchmischung schlecht. Sorge also dafür, dass du die Würze einmal kräftig durchrührst, nach dem Kochen natürlich mit einem desinfizierten Gerät.
Da du ja bereits die Top 6 Hobbybrauer Anfängerfehler kennst und für dich abgestellt hast, wirst du jetzt hellhörig 😉 Oxidation ist natürlich auch hier ein Thema. Achte also darauf möglichst wenig Sauerstoff in die Würze einzutragen.
Das gilt für den Moment, wo die Würze noch heiß ist. Ist sie kalt – also kurz vorm Anstellen – ist ein Sauerstoffeintrag sogar erwünscht und kein Problem.
Erst dann kannst du die Würze vernünftig messen! Achte darauf, da du sonst falsche Werte misst und ggfs. nochmal Wasser nachkippst, was den Sud dann zu sehr verdünnt.
Ich spreche aus Erfahrung 🙂
Verlinkte Produkte
Als Amazon-, Tradetracker- und Ebay-Partner verdiene ich an qualifizierten Käufen über die von mir mit (*) verlinkten Produkte.
Kommentare
Vielen Dank für den Artikel 🙂
Eine Frage, weil es mir immer wieder passiert, dass ich die Hefe zugebe und erst dann messe…
Gibt es Erfahrungen dazu, ob die Hefegabe sich auf den Refraktometer-Ablesewert auswirkt? Ich meine jetzt direkt beim Anstellen, die Würze hat 20°C, ich gebe die Hefe rein und messe dann direkt mit dem Refraktometer, erhalte ich dann verfälschte Werte? Klar, wenn die Gärung startet erhält man natürlich andere Messwerte.
Hi Daniel,
also wenn es eben geht, würde ich natürlich vorher messen. Solange die Hefe noch nicht anspringt, veränderst du die Messung ja nur durch das Verwässern. Dann kommt es darauf an, welche Hefe du gibst. Eine Trockenhefe wird sich niemals auf deine Messung auswirken. Wenn du aber einen 2 Liter Starter in einen 20 Liter Sud kippst, dann hast du immerhin 10% Flüssigkeit hinzugegeben.
Der Starter ist zwar kein reines Wasser und hat selbst noch eine Stammwürze, aber diese ist natürlich geringer, als die deines Suds. Daher würdest du den Sud theoretisch dadurch verwässern. Die Auswirkung ist denke ich so im Bereich 0,5-1,5°P Unterschied, abhängig vom Starter, Menge und Stammwürze des Suds.
Man müsste sich die Frage stellen, ob das einem nicht egal ist 😉
VG
Tobi
Hi Tobi,
die Flüssigkeit für die Messung mit einer Spindel ziehst Du also auch von oben aus dem Gärbehälter.
Verfüllst Du die Menge wieder in den Behälter? Vorausgesetzt ist natürlich die Einhaltung der Hygienemaßnahmen.
Vorab vielen Dank für die Antwort und für Deine Infos.
VG Andreas
Hi Andreas,
ne das geht dann in den Ausguss. Das Risiko gehe ich nicht ein. Am besten funktioniert ein Refraktometer während der Gärung für uns Hobbybrauer, da man dort nur wenige Tropfen braucht.
LG
Tobi