Auf dem Weg, den Brautag zeittechnisch zu optimieren, kommen wir nicht an der Betrachtung des Maischeprozesses dran vorbei. Die Frage ist nur, wie viel kann man hier überhaupt optimieren?
Inhaltsverzeichnis
Das Maischen
Der Maischeprozess wird halt maßgeblich vom Einsatz verschiedener Enzyme bestimmt, die bei einer gewissen Temperatur für die Umwandlung der Stärke einfach Zeit benötigen. Das wird immer so bleiben solange wir noch mit natürlichen Enzymen arbeiten.
Tatsächlich gibt es Forschungsgruppen, die an künstlichen Enzymen arbeiten. Ein Beispiel sind künstliche Enzyme, welche die eigene Energie nutzen, um Wasserstoffgas zu erzeugen.
Ob es schon künstliche Enzyme fürs Bierbrauen gibt, weiß ich nicht, kann ich mir aber gut vorstellen.
Trotz dessen gibt es ein paar Kleinigkeiten, wodurch wir auch unsere Maischezeit etwas reduzieren können.
Eiweißrast weglassen, wenn möglich
Die Eiweißrast bei etwa 50-58°C hat Vor- und Nachteile. Die hier wirkenden Enzyme zerbrechen das Eiweiß in der Maische in viele kleine Stücke und bauen diese nach und nach ab.
Stell dir einfach vor du hast ein langes Stück Eiweiß und dieses wird erst zerstückelt und danach abgebaut.
Vorteil von langen Eiweißstücken im finalen Bier:
- Schaum kann sich durch größere Stücke besser aufbauen
Vorteil vom Zerstückeln:
- Erzeugt Hefenährstoff (FAN)
Vorteil vom Abbau:
- Reduziert Eiweiß, das sonst zu mehr Trub führen kann
Eiweiß trägt auch dazu bei, dass ein Bier vollmundiger und weicher wirkt.
Du siehst, es ist gar nicht so einfach und genau deshalb scheiden sich hier die Geister. Spaltest du alles Eiweiß auf, hast du vermutlich einen schlechten Schaum. Machst du keine Eiweißrast, erzeugst du kaum Hefenährstoff und hast evtl. ein trüberes Bier.
Das Zerstückeln nennt man auch Lösen und das ist tatsächlich bei den heutigen Malzen bereits in der Mälzerei größtenteils passiert. D.h. wir haben bereits einiges an Hefenährstoff FAN, aber trotzdem noch genug lange Eiweißstücke für unseren Schaum.
Die große Frage ist dann nur noch: Brauche ich für mein Bier noch mehr FAN und möchte unbedingt noch mehr Eiweiß abbauen, um später weniger Trub zu bekommen?
Hier ist FAN besonders wichtig
Der freie Aminostickstoff (FAN), der bereits im Malz vorhanden ist, reicht unter bestimmten Voraussetzungen vielleicht nicht aus und genau dann solltest du eine kurze Eiweißrast 5-10 Minuten einplanen.
- Untergärige Biere
- Weizenbier
- Einsatz dunkler Malze
- Einsatz von ungelösten Malzen und Rohfrucht
Eine Unterversorgung von FAN kann zu einer langsamen oder stockenden Gärung führen und unerwünschte Gärnebenprodukte fördern. Daher ist dieses Thema schon wichtig.
Untergärige- und Weißbier Hefen neigen zu einem höheren Stickstoffbedarf, daher ist FAN hier besonders wichtig.
Immer dann, wenn ein Malz nicht gut gelöst ist oder du Getreide nutzt, welches nicht in der Mälzerei war, ist eine Eiweißrast von 5-10 Minuten wichtig.
Hefenährstoff
Wenn du dir nicht sicher bist, ob du jetzt eine Eiweißrast fahren sollst oder dir immer diese Rast sparen willst, dann kannst du auch Hefenährstoff hinzugeben.
Hefenährstoff kannst du bequem kaufen und einfach beim Kochen hinzugeben.
Jetzt Hefenährstoff kaufen (*)
Frühe Jodprobe
Durch die Jodprobe ermittelst du, ob deine Stärke vollständig verzuckert wurde oder eben nicht. Je früher du damit anfängst, desto schneller stellst du eine neutrale Maische fest.
Sobald die Jodprobe neutral ist, kannst du abmaischen. Du musst also nicht deine Verzuckerungsrast zu Ende fahren.
Ich hab mir mal angewöhnt, nach 10 Minuten Verzuckerungsrast eine Jodprobe zu machen. Das ist aber recht früh und 15 Minuten oder etwas länger sind auch ok.
Wenn die Maische noch nicht Jodnormal ist, dann einfach in 5-10 Minuten noch einmal testen.
Abmaischen bei Verzuckerungstemperatur
In vielen Rezepten sind Abmaischtemperaturen von 76 – 78°C angegeben. Häufig nur, weil man das halt immer schon so gemacht hat.
Erst wenn man den Sinn dahinter versteht, kann man abwägen, ob man diese Temperatur benötigt oder nicht. Denn das Aufheizen dauert auch wieder 10 Minuten, die man sich letztendlich sparen könnte.
Vorteil einer hohen Abmaischtemperatur:
- Die Flüssigkeit wird weniger viskos (also flüssiger)
- Minimal bessere Ausbeute
Durch die höhere Temperatur fließt die Würze einfach später besser durch den Treber, was dem Läutern natürlich zugutekommt. Außerdem erhöht das minimal die Ausbeute, was aber nur für größere Brauereien interessant ist.
So können wir sagen: Immer direkt nach der Verzuckerungsrast / Kombirast abmaischen ohne auf 76 – 78°C zu heizen. Es sei denn, ihr habt eine Problemschüttung.
Eine Problemschüttung ist zum Beispiel eine, bei der Läuterprobleme vorprogrammiert sind. Weizenbierschüttungen und generell Schüttungen mit viel Korn aber wenig Spelzen.
Keine Abmaischrast!
In einigen Rezepten ist außerdem auf der Abmaischtemperatur eine Rast angegeben. Aus den oben genannten Gründen ist auch das überflüssig und kann weggelassen werden.
Diese Angabe kann ich mir nur erklären, dass jemand seine Läuterruhe zeittechnisch im Rezept vermerken wollte. Hat da aber nichts zu suchen.
Verzuckerungsrast im Thermoport
Mal abgesehen davon, dass du in den meisten Fällen eine Kombirast machen könntest, gibt es hier noch einen anderen Trick, den ich tatsächlich aus dem Publikum vom Vortrag bei Maisel bekommen habe.
Und zwar kannst du deine Maltoserast, Dekoktion und so weiter ganz normal in der Maischepfanne fahren und dann am Ende die Verzuckerungsrast im Thermobehälter – gleichzeitig mit der Läuterruhe – kombinieren.
Beispiel: 62°C 35 Minuten, dann aufheizen auf 74°C und direkt abmaischen, was dann zu einer 72°C Verzuckerungsrast im Thermoport führt. Gleichzeitig erfolgt dann die Läuterruhe.
Das spart auch wieder etwas Zeit.
Ein weiterer Gedanke
Bei der Recherche sind mir einige Dinge eingefallen, die ich aber weder getestet noch anderweitig validieren konnte.
Eine Idee war, die Zugabe von zusätzlichen Enzymen durch Diastasemalz. Hier ist die Enzym-Konzentration höher, was vielleicht zu einer schnelleren Umwandlung führen kann.
Ich bin mir dem aber nicht sicher, da ich weiß, dass eine zu hohe Enzymkonzentration sich wiederum negativ auswirken kann, weshalb wir uns ja extra um die Gussführung kümmern.
Wenn jemand hier mehr Infos zu hat, schreibt es gerne in die Kommentare.
Fazit
Ihr seht, der Maischeprozess ist durch den Einsatz der Enzyme zeittechnisch schon recht starr und lässt sich kaum reduzieren. Aber mal hier 10 Minuten und da 15 Minuten und schon bist du 20-30 Minuten eher fertig.
Cheers,
Tobi
Quellen:
[1] Jan Brücklmeier – Bier Brauen, S.120, Eugen Ulmer KG, 2018
[2] Braumagazin.de, Auswahl Maischverfahren, 2023
[3] Hobbybrauer Wiki, Eiweißrast oder Proteaserast, 2023
Kommentare
Zum Thema Enzyme: Braupartner haben mal sogenannte Pilsener Enzyme im Angebot gehabt. Ich kann aber nicht sagen welche Enzyme darin enthalten sind. Ich habe das Angebot nur mal beim Stöbern entdeckt.
Enzymstarke Malze sind, wie geschrieben, Diastasemalz oder Diastasegerste. Benennung je nach Anbieter. Damit habe ich gute Erfahrungen gemacht. Ich nutze die Zugabe bei dunklen und Karamellmalzen.
Alternativ wird auch Spitzmalz angeboten. Auch dem wird hohe Enzymkraft attestiert. Erfahrungen habe ich damit nicht, aber in meiner Gesellenzeit erzählten Kollegen von der positiven Wirkung bei dunklen Suden.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass „gozdawa.biz/de“ ein Onlineshop für Brauerei- und Brennereizutaten ist, der (bei Brennerei) Enzyme anbietet. Hier: Alpha-Amylase, Best Turbo Nutrient, Glucoamylase,
Pektinase. Auch damit habe ich keine Erfahrung.
Hi, Tobi diesen Tipp aus dem Publikum verstehe ich nicht. Wo kommt da ein Thermobehälter ins Spiel? Ich dachte immer wir Hobbybrauer sind entweder in der Kombirastfraktion (Europa) in einem Behälter oder machens wie die Amis mit ihren Thermopötten von HomeDepot …
Hab den Eindruck ihr klassische 3-Pötte-Brauer unterschätzt die Zeitersparnis die aktuelle Malzrohrsysteme wie Grainfather oder Brewzilla bieten. Ich lade heute ein Maische-Profil in das Ding, geb die Schüttung rein und hab dann 1h frei um alles mögliche zu machen …
Moin Robert,
ich denke alle Systeme haben ihre Vor- und Nachteile und es gibt nicht das eine perfekte System. Der Tipp aus dem Publikum war folgendes: Wenn man ganz klassisch im Einkocher maischt und dann später im Thermobehälter läutert, kann man auch die letzte Rast im Thermobehälter machen. Anstatt 56 -> 63 -> 72 -> 78 -> Abmaischen einfach 56 -> 63 -> Abmaischen, sodass du 72 im Thermobehälter hast und während der Läuterruhe gleichzeitig verzuckerst.
Klar kann man auch einfach eine Kombirast machen, das ist ganz sicher die einfachste Methode, aber manchmal möchte man ja eben mehrstufig fahren (Gummirast, Eiweißrast, evtl. noch Hermann oder Dekoktion) und genau da ist dieser Tipp ganz wertvoll.
Ich hoffe das erklärt den Tipp besser 🙂
lG
Tobi
Hi Tobi, ich verstehe die Reihenfolge der Behälter nicht. Ich weiß was Maische, Treiber, Würze und Pfanne ist. Ich habe nie was anderes gesehen (YouTube) als maischen im Thermobehälter, dann läutern und die Würze in die Pfanne/Einkochen. (Wenn man kein Malzrohr oder BiaB macht) Bei Dir liest es sich als würde im Einkocher gemaischt, und irgendwie wandert dann alles in einen Thermobehälter, um dann wieder zurück zu wandern nach dem läutern ums zu kochen?
In den 3 Vessel Systemen die Du so als kleinere Brauerei kaufen kannst, wo soll da ein Thermobehälter sein?
Moin Robert,
Genau richtig verstanden. Maischen im Einkocher mit Rührwerk, ggfs. automatisiert. Dann in den Thermobehälter in dem geläutert wird. Anschließend in den Einkocher läutern, wo dann gekocht wird.
Das findet man in Deutschland hauptsächlich in Literatur und Foren, weils hier sehr beliebt ist. Wir haben hier oft Rezepte mit komplexeren Maischeführungen. In USA zb machen die sehr sehr viel Kombirast, fast ausschließlich. Da wird dann so wie von dir beschrieben gemaischt.
Ich hoffe das macht es etwas verständlicher.
Lg Tobi