TLDR: Haltbarkeit von Bier und Fassbier
Professionell abgefülltes und gut gelagertes Bier wird nicht schlecht, sondern verliert die Frische. Wenn Sauerstoff, Licht und Wärme vermieden werden, kannst du dein Bier noch nach Jahren genießen. Ein angestochenes Fass, bei dem du ohne CO2 das Bier herausholst, muss innerhalb von Tagen getrunken werden.
Was das MHD wirklich bedeutet
Kaufbier muss immer ein Mindesthaltbarkeitsdatum haben, das ist eben gesetzlich so vorgeschrieben. Das MHD dient dem Kunden als Garantie für Frische, Geschmack und Farbe.
Die Frische des Bieres ist allerdings stark abhängig vom Bierstil, da Stile sich bekanntlich durch verschiedene Rohstoffe und Prozessschritte unterscheiden. Ein stark gehopfes und aromatisches IPA verliert natürlich schneller die Frische als ein dezent gehopftes Helles.
Daher ist der Blick auf das Herstellungsdatum häufig aufschlussreicher, wird leider aber selten mitgeliefert.
Bier wird nicht schlecht
Auch wenn ein MHD auf dem Etikett steht, wird das Bier nicht schlecht. Es gibt kein Verfallsdatum nachdem das Bier nicht mehr genießbar ist.
Abgelaufenes Bier kannst du in den meisten Fällen ohne Probleme trinken!
Alkohol, Hopfenstoffe und der pH Wert schützen das Bier vor Mikroorganismen. Das zeige ich dir im Laufe des Beitrags noch einmal etwas detaillierter.

Starkbiere und Biere mit großem Malzkörper werden über die Jahre, nach überschreiten des MHDs, sogar noch viel besser. Neue Aromen entstehen durch den Alterungsprozess und der einst kantige Charakter rundet sich über die Zeit ab.
Trotzdem: Zischt das Bier? Riecht es normal? Kein Schimmel? Dann genieße es ganz normal. Ansonsten bitte verwerfen.
Warum Bier nach der Abfüllung weiterlebt
Die Industrie filtert das Bier und füllt es extrem Sauerstoffarm ab. Da wird vorm Verkorken sogar noch ein kleiner Schuss CO₂ unter den Korken geschossen um jeglichen Sauerstoff zu verdrängen.
Als Hobbybrauer hast du das nicht, daher gilt: Das Beste ist die Flaschengärung!
Während der Flaschengärung arbeitet die Hefe und wandelt Zucker und Sauerstoff in CO₂ und Alkohol um. Eine für Mikroorganismen tödliche Umgebung entsteht.
Außerdem werden Fehlaromen, wie Diacetyl, Acetaldehyd und Schwefelwasserstoffe abgebaut.
Anders als in anderen Quellen häufig behauptet, ist Autolyse bei Flaschengärung in meinen Augen kein Problem.

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Die vier Gegner deines Bieres
Damit das Bier lange und stabil gelagert werden kann, musst du die folgenden vier Einflüsse kennen und absolut vermeiden.
Sauerstoff

Der Größte Feind der Bierfrische ist Sauerstoff. Das sollte absolut vermieden werden. Sauerstoff führt zwangsläufig und teilweise sehr schnell zu Oxidation.
Oxidation ist ein Fehlaroma, welches nach Pappe oder Sherry duftet. Das ist eines der häufigsten Hobbybrauer Fehlaromen.
Auch wenn bereits im Sudhaus auf den Eintrag von Sauerstoff (z.B. durch zu viel Plätschern) geachtet werden sollte, ist besonders der Kaltbereich bei der Abfüllung und beim Stopfen ein großes Problem.
Praxistipp:
Schlauch auf Boden führen, CO₂ vorspülen, kalt abfüllen, Schaum vermeiden
Licht

UV-Licht regt bestimmte Stoffe im Bier an, die die Hopfenbitterstoffe verändern. Diese reagieren dann mit Stoffen aus dem Malz und bilden 3-MBT, das für den unangenehmen Lichtgeschmack sorgt.
Was für Bierexperten das „Stinktier“ Aroma ist, ist tatsächlich bei einigen Kaufbieren der „Hausgeschmack“.
Du brauchst nur auf die Farbe der Flasche zu achten: Durchsichtige oder grüne Flaschen lassen viel Licht durch, braune besonders wenig.
Praxistipp:
Nur Braunglasflaschen verwenden, dunkel lagern
Wärme

Ist das Bier Wärme ausgesetzt, beschleunigt das die Alterungsprozesse im Bier. Eine um 10°C erhöhte Temperatur sorgt für 2-4 fache Reaktionsgeschwindigkeit.
Bier daher immer konstant und kalt bei 4-10°C lagern.
Mikroorganismen

Wildhefen, Laktobazillen, Essigsäurebakterien und Co sind natürlich besonders schlecht für unser Bier.
Auch wenn sie häufig gesundheitlich unbedenklich sind, sorgen sie für ungenießbare Biere.
Vermeidung: Allgemeine Hygiene und gute Desinfektion im Umgang mit dem Bier.
Deine Verbündeten für längere Haltbarkeit
Das Produkt Bier ist von Natur aus schon sehr konservierend, was maßgeblich durch die folgenden 4 Eigenschaften beeinflusst wird.
Alkohol

Der Alkohol im Bier konserviert und hemmt Keime sich ungehindert auszubreiten.
Je höher der Alkohol, desto besser. Daher sind starke Biere, wie z.B. Doppelbock, Barleywine und Imperial Stout besonders gut lagerbar.
Hopfen

Die Iso-Alphasäuren, die während des Kochprozesses gebildet werden, wirken antibakteriell und stabilisieren das Bier ebenfalls.
Leider verfliegen aber die aromatischen Hopfenöle mit längerer Lagerzeit. Daher hopfenbetonte Biere wie IPA, Pale Ale und NEIPA immer möglichst frisch trinken.
Malz

Dunkle Malze enthalten Melanoidine. Das sind Verbindungen, die durch die Bräunungsreaktion entstehen.
Melanoidine wirken wie Antioxidantien und wirken sich ebenfalls positiv auf die Haltbarkeit von Bier aus.
Bereits kleine Mengen Karamell- und Röstmalz verbessern die Stabilität deines Bieres.
Hefe

Die Bierhefe verbraucht Sauerstoff und baut Nebenprodukte im Bier ab.
Das ist allgemein gut für die Haltbarkeit von Bier.
Allerdings stirbt Hefe auch irgendwann ab und führt bei zu langer Lagerung zu Autolyse.
Nach der Gärung sollte das Bier daher von der Hefe gezogen werden.
Ein kleiner Flaschenbodensatz durch Flaschengärung ist zu vernachlässigen.
Kaufbier vs. Selbstgebrautes
Zwischen Kaufbier aus dem Getränkemarkt und dem Selbstgebrauten gibt es große Unterschiede.
Die professionellen Brauereien filtern mit großen Anlagen sämtliche Trubstoffe heraus, pasteurisieren teilweise im Vakuum und haben komplexe Abfüllanlagen mit Sterilfiltration und unternehmen sonstige Maßnahmen zur Stabilisierung des Bieres.
Der Hobbybrauer hingegen hat das natürliche Produkt vor sich. Ungefiltert, lebendig und authentisch.
Ein Sauerstoffkontakt beim Abfüllen ist unvermeidlich und nur ein kleiner Teil der Heimbrauer nutzt CO₂ zum Gegendruckabfüllen.
Erstaunlich: Weil der Hobbybrauer nicht filtriert und das Produkt Bier alle Bestandteile enthält, ist es in der Regel länger lagerfähig als Kaufbier.
Mein Bier ist über MHD und hat geflockt
Wenn ein Bier schon eine Weile über dem MHD ist und es optisch geflockt hat, dann kannst du es unter Umständen immer noch trinken.
Die Flocken sind Eiweißkomplexe und teilweise auch Hefe. Selbst frisches Bier, wenn es dauerhaft zu kalt gelagert wird (unter 2°C), neigt dazu – Stichwort Chill Haze.
Ein geflocktes Bier neigt zwar zum Überschäumen und kann sich auch aromatisch verändern, ist aber nicht direkt schlecht. Hier gilt: Nase und danach Mund für den sensorischen Test nutzen.
Haltbarkeit von Fassbier
Hast du ein kleines 5 Liter Fass aus dem Supermarkt angezapft, ist das häufig nicht lange haltbar. Hintergrund: Anders als beim Keg, werden diese 5 Liter Fässer über den Innendruck und die Schwerkraft gezapft.

Du öffnest oben das Fass und Sauerstoff gelangt ins Innere. Außerdem verlierst du durch das Zapfen den Innendruck und somit auf Dauer Kohlensäure.
Nach 1-2 Tagen ist dein Bier schal und nach einer Woche wahrscheinlich oxidiert.
Anders ist es, wenn das Bier mit CO2 herausgedrückt wurde. Dann ist sowohl der Druck im Fass konstant, es wird kein Sauerstoff eingetragen und dein Bier ist wieder ewig haltbar.
So braust du haltbare Biere
Für stabile und lange haltbare Biere sind 3 Faktoren besonders wichtig. Die Hygiene, das Vermeiden von Sauerstoff und das richtige Reifen und Lagern.
Hygiene als Basis
Dein Bier muss stabil und frei von Mikroorganismen sein. Das bedeutet für dich: Hygiene als Basis aller Tätigkeiten. Reinige und desinfiziere deine Ausrüstung wann immer es nötig ist.
Kurz: Alkalisch für organische Reste, Sauer für mineralische. Und organisiere dir ein vernünftiges Desinfektionsmittel. Oxi-Reiniger gehören nicht unbedingt dazu.
Sauerstoff minimieren
Als nächstes, wann immer möglich, den Sauerstoffeintrag vermeiden. Kein Plätschern von Maische und Nachgusswasser und kein Umschütten großer Würzemengen in andere Behälter. Das gilt für den Heißbereich.
Im Kaltbereich ist es noch wichtiger auf Sauerstoff zu verzichten. Schläuche immer bis zum Boden, Flaschen und Kegs immer mit CO2 vorspülen bzw. leerdrücken. Desweiteren sollte besonders beim Hopfenstopfen darauf geachtet werden, dass du nicht zu viel Sauerstoff einträgst.
Richtig reifen und lagern
Nachdem dein Bier perfekt gebraut und ohne Sauerstoff abgefüllt wurde, reift es noch für 1-2 Wochen bei Zimmertemperatur. Gleichzeitig läuft die Flaschengärung ab.
Danach wandert es in den Kühlschrank bei 4-6°C (max. 10°C). Außerdem wird es dunkel und stehend gelagert.
Reifung nach Bierstil planen
Zur Reifung, Lagerung und Alterung von Bier habe ich bereits einen ausführlichen Beitrag verfasst. Die Reifung ist kurz gesprochen der warme und kurze Prozess, bei dem die Hefe aufräumt.
Bei der Lagerung wird das Bier über einen gewissen Zeitraum kalt gestellt. Das hilft der Kohlensäurebindung und rundet das Bier ab. Auch Fehlaromen kann man „herauslagern“.
Die Alterung ist in der Regel unerwünscht, es gibt jedoch Stile, wie z.B. Dubbel, Quadrupel, manche Sauerbiere, bei denen die Alterung neue Aromen zaubert.

FAQ
Was ist der Unterschied zwischen MHD und Verfallsdatum?
Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) ist gesetzlich vorgeschrieben und garantiert die Frische, Farbe und den Geschmack eines Bieres bis zu diesem Datum. Danach verliert Bier eventuell an Aroma, wird aber nicht schlecht. Ein Verfallsdatum, nach dem Bier gesundheitsschädlich wäre, gibt es nicht. Alkohol, Hopfen und der niedrige pH-Wert schützen das Bier vor Mikroorganismen.
Wie erkenne ich, ob mein Bier nicht mehr genießbar ist?
Wenn das Bier noch zischt, normal riecht und kein Schimmel zu sehen ist, kannst du es bedenkenlos trinken – auch nach Ablauf des MHD. Verdorbene Biere erkennst du an muffigem, scharfem oder essigartigem Geruch sowie metallischen oder pappigen Aromen. Ein flockiges Bier ist meist unbedenklich, solange es normal riecht und schmeckt.
Welcher Bierstil profitiert am meisten von langer Lagerung?
Starkbiere mit hohem Alkoholgehalt und Malzkörper – wie Doppelbock, Barleywine oder Imperial Stout – profitieren stark von langer Lagerung. Sie entwickeln über die Jahre neue Aromen und werden runder im Geschmack. Hopfenbetonte Biere wie IPA oder Pale Ale sollten hingegen möglichst frisch getrunken werden, da ihre aromatischen Öle schnell verfliegen.
Wie lagere ich mein selbstgebrautes Bier optimal?
Selbstgebrautes Bier sollte dunkel, stehend und konstant kühl bei 4–10 °C gelagert werden. Direkter Sauerstoffkontakt, Licht und Wärme sind zu vermeiden. Nach der Flaschengärung darf es 1–2 Wochen bei Zimmertemperatur nachreifen, bevor es kühl gestellt wird. So bleibt das Bier aromatisch und stabil.
Braucht jedes Bier Nachgärung in der Flasche?
Nicht jedes Bier braucht eine Nachgärung, aber für Hobbybrauer ist sie sehr empfehlenswert. Während der Flaschengärung baut die Hefe Sauerstoff ab und erzeugt CO₂ und Alkohol, was das Bier stabil und haltbarer macht. Bei industriell gefiltertem und sauerstoffarm abgefülltem Bier ist die Nachgärung meist nicht notwendig.
Quellen
Barthhaas (2023): Stabilität im Fokus, in: Barth-Haas Group Blog, 16.03.2023. Verfügbar unter: Link (Zugriff am 16.10.2025).
Braumagazin (2017): Oxidation und Bieralterung, 10.07.2017. Verfügbar unter: Link (Zugriff am 16.10.2025).
Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität (2022): Was bedeutet das Mindesthaltbarkeitsdatum bei Bier? Wissenschaftlerinnen am Forschungszentrum Weihenstephan erklären, in: Technische Universität München, 12.09.2022. Verfügbar unter: Link (Zugriff am 16.10.2025).
Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) (o.J.): Hopfenextrakt eignet sich als Konservierungsmittel, in: Wissenschaft.de. Verfügbar unter: Link (Zugriff am 16.10.2025).
Gradplato (2018): Kältetrübung und Dauertrübung im Bier auf der Spur, 08.11.2018. Verfügbar unter: Link (Zugriff am 16.10.2025).
Gradplato (2022): 40 Jahre MHD – Zeit für eine Neubetrachtung, Teil 1, Dr. Michael Zepf (Doemens Akademie), 06.10.2022. Verfügbar unter: Link (Zugriff am 16.10.2025).
Owens, J. E. et al. (2021): Barley Melanoidins: Key Dietary Compounds With Potential Health Benefits, in: PMC (PubMed Central), 27.09.2021. Verfügbar unter: Link (Zugriff am 16.10.2025).
Pasztor, M. et al. (2023): Multivariate Analysis of the Influence of Microfiltration and Pasteurisation on the Quality of Beer during Its Shelf Life, in: PMC (PubMed Central), 28.12.2023. Verfügbar unter: Link (Zugriff am 16.10.2025).
Weihenstephan School (o.J.): MHD und Bier, in: Wissenschaftszentrum Weihenstephan. Verfügbar unter: Link (Zugriff am 16.10.2025).

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